Bankkonto gekündigt: Das können Journalisten tun

Grafik zur Symbolisierung. Lizenz: Bild Geldscheine von Willfried Wende, Bild Finanzmetropole von Patrick, beide Pixabay.

Ratgeber | 24.06.2024 | 1 Nachtrag

Bankkonto gekündigt: Das können Journalisten tun

Regierungskritische Medien bangen um ihre finanzielle Basis. Wie man sich besser schützen kann. Von Hakon von Holst.

Die Leinwand bleibt schwarz, die Wahrheit im Dunklen: kein Drehstudio, keine Webseite, keine Autoren. Ein Berg offener Rechnungen, die niemand bezahlen kann. Weil das Girokonto geschlossen wurde und der Strom an Spendengeldern hinter abgebrochenen Brücken im Meer versinkt. Wenn sich nichts ändert, können kritische Journalisten die Pressefreiheit bald nur noch in ihrer Freizeit nutzen. Das macht eine aktuelle Multipolar-Recherche deutlich. Wie damit umgehen?

  • Es macht Sinn, ein Spendenkonto strikt für den Betrieb des Mediums zu verwenden. Spendenaufrufe für Belange Dritter oder Kontonutzung für politisch unkorrekte Veranstaltungen haben in der Vergangenheit zu Kündigungen geführt. Kryptogeschäfte, Bareinzahlungen und Überweisungen ins Ausland sind wegen des Geldwäscheverdachts heikel.
  • Sicherheitshalber Geschäftsbeziehungen mit verschiedenen Banken unterhalten. Das Ausfallrisiko von Dauerspenden auf mehrere Konten verteilen.
  • Schon gewusst? Nicht nur die örtliche Sparkasse oder Volksbank kann ein Konto gewähren, sondern Hunderte ihrer Schwesterbanken in ganz Deutschland.
  • Gegenüber Sparkassen stehen Journalisten in der besten Verhandlungsposition. Hier sprechen wir nicht von Privatunternehmen, sondern in der Regel von öffentlich-rechtlichen Organisationen. Als solche haben sie das im Grundgesetz verankerte Recht auf Gleichbehandlung zu beachten. Der Sparkassen- und Giroverband schreibt auf Anfrage, Sparkassen müssten »allen gesellschaftlichen Gruppen, Personen oder Unternehmen, unabhängig von deren politischen Zielen, Zugang zu kreditwirtschaftlichen Leistungen ermöglichen«. Kündigungen durch Sparkassen erfordern anders als üblich einen »sachgerechten Grund«. So sieht es der Bundesgerichtshof.
  • Die örtliche Sparkasse muss Publizisten, besser gesagt Menschen, aber nicht juristischen Personen, in einigen Ländern wie Brandenburg schon aufgrund expliziter gesetzlicher Vorschrift ein Konto gewähren. Das Privileg gilt laut Mitteilung des Sparkassen- und Giroverbands unabhängig von privater oder geschäftlicher Nutzung, solange »nichts entgegensteht, was es der Sparkasse nicht zumutbar macht, eine vertragliche Bindung im konkreten Fall einzugehen«.
  • Konten sind immer ausreichend zu decken und aktiv zu nutzen. Neue AGB oder Entgelte muss man rechtzeitig akzeptieren, wenn die Geschäftsbeziehung fortbestehen soll.
  • Auch wenn eine gewöhnliche Onlinebank kündigt, kann man sich gegebenenfalls dagegen wehren, sofern es unmöglich ist, bei einer anderen Bank ein Konto zu erhalten. Mehr dazu im Abschnitt »Auswege« am Ende der Multipolar-Recherche.
  • Eine weitere Möglichkeit ist, Spendenformulare auf der Webseite vorzuhalten und Unterstützer zu überzeugen, möglichst das Lastschrifteinzugsverfahren zu nutzen. Lastschriftmandate können zu neuen Konten umgezogen werden. Exklusive Vorteile dürften dabei ein gutes Argument sein: etwa die Möglichkeit, Beiträge zu kommentieren. Das erfordert einen Nutzeraccount, und der könnte noch weitere Funktionen bieten, zum Beispiel bestimmte Autoren zu abonnieren.

Banken im Ausland

Einige Medien weichen auf Konten in Belgien, Litauen oder Ungarn aus. Hierbei ist sorgfältig zu prüfen:

  1. Bestimmte Gruppen setzen Banken mit Briefen unter Druck, Konten zu kündigen. Solche Musterschreiben existieren in mehreren Sprachen. Wie soll nun ein Bänker in Ungarn prüfen, ob der Kontonehmer tatsächlich »die verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen« versucht, wie im Brief behauptet?
  2. Kritische deutsche Medien sind vielleicht für eine ungarische Bank mit ungarischen Kunden in Ungarn kein Reputationsproblem. Die Bank kann dennoch in eigenen Land unter Druck geraten, weil die Landesführung diplomatische Konflikte mit der deutschen Regierung scheut. Ein Beispiel: Die Wau-Holland-Stiftung sammelte in Deutschland Spenden für WikiLeaks. Nachdem das Team von Julian Assange die US-Diplomatendepeschen veröffentlichte, begann ein Finanzkrieg gegen WikiLeaks. Die Wau-Holland-Stiftung bekam die Gemeinnützigkeit aberkannt und keine Bank fand sich bereit, ihr ein zweites Konto zu eröffnen.
  3. Es ist unbedingt notwendig, die Sprache des Landes und sein Rechtssystem zu verstehen. Wer rettet ein Medium und telefoniert mit der Bank, wenn das Kreditinstitut plötzlich das Konto sperrt und einen Herkunftsnachweis für Geldeingänge fordert?

Autor: Hakon von Holst.




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